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1 x Goslar / SW Welle bis 6390 m

erstellt von Rickmer Bothe zuletzt verändert: 10.01.2011 15:32
Bericht von Rickmer Bothe

Flugzeugführer:         Jens Rickmer Bothe Co Tim Lang

Verein:                     LSV  Goslar

Flugzeugtyp:             ASH25e/26

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Startort:                    Goslar Bollrich

                                 270 MSL  

Startzeit:                   08.50 UTC

 

Landeort:                   Goslar / Bollrich

Landezeit:                 15.30 UTC

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Bodenwindrichtung:          ca. 230 Grad

Bodenwindstärke:            ca. 30 kmh

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Einstieg in die Welle/n:       1) am  Platze in 350 m direkt nach ausklinken,

                                                 bis 1000 MSL (mit Motor)

                                            

                                             2) 3 km östlich des Platzes in 1000 MSL  (8.55 UTC)

                                                  Einstieg 1000 MSL +1.0 ms, bis 1800 MSL

 

                                             3) direkt über dem Platz  in 1400 MSL (11.30 UTC)

                                                  Einstieg 1500 MSL + max 1,0ms, bis 1850 MSL

 

                                             4)  wieder 4km östlich des Platzes in 1500 MSL (12.30 UTC)

                                                  Einstieg 1500 MSL + max 1,0 ms, bis 2100 MSL

 

                                             5) 5 km nordöstlich Brocken in 1900 MSL ( 13.30 UTC)

                                                  Einstieg 1900 MSL bis +1,7ms, bis 6390 MSL , abgebrochen

 

 

Ausdehnung des Steiggebietes:   Siehe Bericht

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Vermuteter Auslöser:                Harz und Brocken

 

Höhenwindrichtung                   Ab etwa 12 UTC  Brocken 200 Grad zunehmend bis 65 kmh

                                               In Böen  90 km/h

 

Temperaturangaben:                Am Boden ca. 8 bis 10 Grad

                                               In Maxhöhe 6390 ca – 30 Grad Anzeige im Flugzeug

                                              

                                                Bemerkung:

                                                Während des Fluges haben wir mehrfach bei fast gleich                         

                                                bleibender Höhe deutliche Temperaturschwankungen beim

                                                durchfliegen unterschiedlicher Gebiete bemerkt. Leider werden

                                                wir erst in Zukunft einen Temperaturmitschrieb haben.

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Freie Schilderung: 

 

Ein kaltes Vergnügen

 

 

Die Vorwarnungen waren so frühzeitig, das sollten wir nicht verpassen. (Dank an Jörg und Erland)

 

Also wurde am Freitag schon der Flieger vorbereitet, natürlich auch tanken – und peng, unser 2. Flächentank hat die

Dichtigkeitsprüfung auch nicht mehr bestanden. Also dann morgen nur mit Haupttank fliegen und schön sparsam mit

der Laufzeit umgehen!

 

Die Wetteroptik am Freitag kurz vor Sunset sah hinter dem Harz auch schon vielversprechend aus, also doch eher früher starten

und vielleicht mal die Chance zum Meißner zu fliegen? Die RASP-Karten sehen allerdings erst den Nachmittag mit wirklich guter

Wellenbildung voraus.

 

Der Samstagmorgen zeigt einen fast blauen Himmel und praktisch keine optischen Anzeichen von Welle. Der Wind ist allerdings

am Boden auf dem Platz schon mit Ca. 30 km/h aus SW und der Brocken meldet etwa um 50 km/h.

 

Nach den üblichen Vorbereitungen tauschen wir noch die Batterien der neuen Sauerstoffanlage und um 10.50 loc zieht uns die

Winde auf beachtliche 350m und das im letzen Drittel fast mit Standgas! Es pustet offenbar ganz schön. Mit laufendem Motor

durchfliegen wir sofort bis 1,5 m steigen. Östlich des Platzes lassen wir in 1000 msl schon nach 5 Minuten Ruhe einkehren

(das schont auch den Spritvorrat gewaltig!) und finden nach oben abnehmend +1,0 m die uns bis max 2000 msl tragen.

Der Himmel ist fast makellos blau und so können wir nur die bekannten Stellen absuchen um weiter nach oben zu kommen.

Aber das ist nur von begrenztem Erfolg, im Lee vom Brocken finden wir vor allem bis  -5m/s. Also wieder zur alten Stelle, aber

die will nun auch nicht mehr so richtig. Dann also noch mal der Griff zum Motor, offensichtlich ist mal wieder Geduld gefragt!

 

Nach nun insgesamt 3 Stunden Flugzeit, können wieder mühsam auf 1900 msl kommen, aber auch ein anschließender Ausflug

Richtung Westen bringt keinen Erfolg. Inzwischen hat die einfließende Feuchtigkeit den blauen Himmel abgelöst und erste

Wellenkonturen werden von Westen einsetzend sichtbar. In 500 GND zünden wir nochmal mit dem restlich verbliebenen Sprit

und bekommen in 1500 msl  wieder Anschluss. Über uns bildet sich die Brockenwelle aus.

 

In 2000 msl überfliegen wir Bad Harzburg und zielen noch mal auf die Leeseite vom Brocken. Im Anflug zeigt unser Flarm

plötzlich 2000 m über (!) uns Verkehr! Tatsächlich sind über uns zwei Maschinen. Kurz haben wir Funkkontakt mit Wulf in der 6B

der in Aschersleben gestartet ist.

Ohne großen Höhenverlust finden wir nun das Steigen anfangs mit +1,0 m, später mit bis 2,0 m, genau da, vor bei unserem

ersten Versuch bis 5 m Sinken standen. Inzwischen  ist es schon 15.30 loc. Und ein evt. Abflug Richtung Meissner ist für heute

gelaufen. Also hoffen wir zumindest auf eine richtig gute Höhe.

 

Die Welle steht deutlich südlich des Wellenfensters, also entscheiden wir uns gleich mit Bremen Radar Kontakt aufzunehmen.

Der freundliche Controller gibt den Code durch und wir erhalten die 1. Freigabe bis 5000m. Die neue O2-Anlage arbeitet

regelmäßig. Mit ruhigen 1,8 m geht es aufwärts und wir bekommen die nächste Stufe auf 6000 frei. Der einzige Nachteil: Durch

die Hörbereitschaft bekommen wir nichts mehr von den anderen Segelfliegern mit und zu unserer Bodenstation haben wir auch

keinen Kontakt, ein 2. Funkgerät wäre jetzt nicht schlecht.

 

Inzwischen hat sich die Optik gewaltig verändert. Zunächst noch über uns hat sich die Brockenwelle gebildet und jetzt auf die

gesamte Leekante des Harzes ausgebreitet. Weit im West und Südwesten sieht man die Vorboten der aufziehenden Front und

der Harz bildet die klassische Staubewölkung aus. Inzwischen steigen wir auf der Luvseite der Lenti weiter. Das Steigen bleibt

fast immer über 1,0 m.

 

Wir wechseln die Nasenkanülen gegen Masken aus, die Sauerstoffversorgung klappt. Allerdings macht uns inzwischen die

Temperatur zu schaffen. Nach nun über 5 Stunden Flugzeit kriecht die Kälte wirklich überall durch. Oberhalb von 5000 m müssen

wir zunehmend alle Lüftungen öffnen um die Vereisung der Haube auf der Innenseite im Griff zu halten, den „Wohlfühlfaktor“ im

Flieger steigert das allerdings nicht. Das ständige Eiskratzen gibt immer nur für kurze Zeit vertretbare Sichtbedingungen, die

Hoffnung das die Luft trockner wird erfüllt sich bisher nicht. In etwa 5600 haben wir die untere Lentis überstiegen.

 

Wir erhalten wir von unserem Lotsen in Bremen die Freigabe bis 7000 und dürfen gleichzeitig entlang der Harzkante fliegen. Im

Lee des Brockens hatte das Steigen in 6000 m nachgelassen deshalb fliegen wir jetzt über der unteren Lenti an der

Vorderkante entlang. Dabei finden wir bis + 1 m und steigen weiter bis knapp auf 6400m.

 

Sicher, es steht noch eine Lentis über uns und Steigen mit ca 1.0 m  ist auch noch da, aber auf Grund der Temperatur (Anzeige

im Flugzeug: fast Minus 30 Grad) und der immer stärker werdenden Eisbildung auf der Haube entschließen wir uns nach

6 Stunden Flugzeit  um 17.00 loc den Abstieg zu beginnen.  Es ist noch ausreichend Zeit bis SS,  aber wir wollen mit dem so

kalten Flieger auch moderat absteigen. Ein paar letzte Blicke und Fotos der unglaublichen Wolkenkulisse, dann melden wir uns

in Bremen und erhalten die Freigabe zum Abstieg.

 

Mit Klappen und zunächst -3m geht es Richtung Westen entlang der fast endlos erscheinenden Wellenstruktur. So müsste es

vormittags mal aussehen, dann wäre der Flug zum Meißner fast eine Kleinigkeit.

Bei gut 3000 melden wir uns nochmal in Bremen und erhalten von unserem Kontroller die Freigabe zum Verlassen der Frequenz.

 

        Wir möchten uns an dieser Stelle nochmal in Bremen  bei dem zuständigen Fluglotsen für die sehr freundliche

        Zusammenarbeit und das Verständnis für unseren Flug  herzlich bedanken!

 

Für Segelflieger ist es sicher eine nicht alltägliche Erfahrung „kontrolliert“ zu fliegen.

 

Wir melden uns nun nach langer Zeit mal wieder über Funk auf dem Bollrich und geben unsere Position durch. Jetzt schon

deutlich unter  der riesigen Harz-Lentis  bauen wir die restliche Höhe zügig ab und dann kommt nochmal etwas Spannung auf,

die Landung in Goslar bei Wind aus etwa 200 Grad im Harzlee ist immer eine kleine Herausforderung. Das erwartete Fallen

kommt  auch erst ab 150 m – dafür aber  deutlich,  die Turbulenzen halten sich  aber in der letzten Phase schließlich doch in

Grenzen.

 

Nach  über 6,5 Std. sind wir wieder von einem wirklich beeindruckenden Flug zurück. Die Zusammenarbeit mit Bremen Radar war

ebenso wie die Vereisung der Haube eine neue Erfahrung. Wir werden für die Zukunft und evtl. größere Höhen auch an der

Kleidung arbeiten müssen. Trotz Sohlenheizung und andern Thermomaßnahmen war es wirklich kalt.  Aber auch eine derartige

Vereisung der Haube sollte man irgendwie in den Griff  bekommen.

 

Alles in allem ist es eine wirklich lohnenswerte Sache solche  Flüge zu erleben.

 

Von Jens und Rickmer Bothe

 

25.Oktober 2010

 

 

 Welle 22.10.10

                                                                 Wellenoptik Richtung Harz am Nachmittag Freitag 22.10.10

 

23.10.10. SR

                                                               Sonnennaufgang 23.10.10 auf dem Flugplatz Bollrich 

 

 

vor dem Start

                                                                      Wolkenloser Himmel zum Start 10.50 Loc

 

Welle bis 2000 m

                                                                         Ca. 11.30 local Welle bis 2000m ohne Bewölkung

 

Feuchte Luft fließt ein

                               Ein "Besucher" bei einfließen der feuchteren Luft ab etwa 13.00 loc Blichrichtung Nord/Schladen

 

 

Beginnende Brockenwelle

                               Ca. 2700 MSL gegen 15.30 loc endlich die sich entwickelnde Brockenwelle Blickrichtung WNW

 

 

Brocken bei einsetzender Staubewölkung

                                                             Der Brocken mit einsetzender Staubewölkung

 

Unter der 1. Brockenwelle

                                                                     Unter der Brockenwelle in ca. 5000

 

 

 Über der 1. Brockenwelle 

                                                    Über der 1. Brockenwelle in ca. 6000 und eine weitere Lentis über uns

 

             Wolkensituation vom Boden      

Zeitgleich die Situation vom Boden gesehen

 

 

                 Eisbildung        

                                                                                   Eisbildung

 

 

            Zweistöckiges Wellensystem

                              Unten links Kante der inzwischen riesigen Harzwelle Richtung West, über uns die 2. Ebene der Brockenwelle

 

Eine ausgefallene Anzeige

                                                        Eine der selteneren Anzeigen des IPAQ

 

Zunehmende Eisbildung

                                        Die zunehmende Eisbildung, ein Grund mehr für die Entscheidung zum  Abstieg

  

Zunehmende Wolkenbildung

                                                       Einfließende Feuchte führt zu wachsender Bewölkung unter uns

 

   Unter der Harzwelle

                                                       Im Abstieg unter der mächtigen Harzwelle Blickrichtung Ost in ca. 4000

 

                                   Nach der Landung                           

                                                        Bemerkung der Bodencrew:  Mächtiger "Grinsfaktor"

 

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