1 x Goslar / SW Welle bis 6390 m
Flugzeugführer: Jens Rickmer Bothe Co Tim Lang
Verein: LSV Goslar
Flugzeugtyp: ASH25e/26
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Startort: Goslar Bollrich
270 MSL
Startzeit: 08.50 UTC
Landeort: Goslar / Bollrich
Landezeit: 15.30 UTC
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Bodenwindrichtung: ca. 230 Grad
Bodenwindstärke: ca. 30 kmh
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Einstieg in die Welle/n: 1) am Platze in 350 m direkt nach ausklinken,
bis 1000 MSL (mit Motor)
2) 3 km östlich des Platzes in 1000 MSL (8.55 UTC)
Einstieg 1000 MSL +1.0 ms, bis 1800 MSL
3) direkt über dem Platz in 1400 MSL (11.30 UTC)
Einstieg 1500 MSL + max 1,0ms, bis 1850 MSL
4) wieder 4km östlich des Platzes in 1500 MSL (12.30 UTC)
Einstieg 1500 MSL + max 1,0 ms, bis 2100 MSL
5) 5 km nordöstlich Brocken in 1900 MSL ( 13.30 UTC)
Einstieg 1900 MSL bis +1,7ms, bis 6390 MSL , abgebrochen
Ausdehnung des Steiggebietes: Siehe Bericht
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Vermuteter Auslöser: Harz und Brocken
Höhenwindrichtung Ab etwa 12 UTC Brocken 200 Grad zunehmend bis 65 kmh
In Böen 90 km/h
Temperaturangaben: Am Boden ca. 8 bis 10 Grad
In Maxhöhe 6390 ca – 30 Grad Anzeige im Flugzeug
Bemerkung:
Während des Fluges haben wir mehrfach bei fast gleich
bleibender Höhe deutliche Temperaturschwankungen beim
durchfliegen unterschiedlicher Gebiete bemerkt. Leider werden
wir erst in Zukunft einen Temperaturmitschrieb haben.
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Freie Schilderung:
Ein kaltes Vergnügen
Die Vorwarnungen waren so frühzeitig, das sollten wir nicht verpassen. (Dank an Jörg und Erland)
Also wurde am Freitag schon der Flieger vorbereitet, natürlich auch tanken – und peng, unser 2. Flächentank hat die
Dichtigkeitsprüfung auch nicht mehr bestanden. Also dann morgen nur mit Haupttank fliegen und schön sparsam mit
der Laufzeit umgehen!
Die Wetteroptik am Freitag kurz vor Sunset sah hinter dem Harz auch schon vielversprechend aus, also doch eher früher starten
und vielleicht mal die Chance zum Meißner zu fliegen? Die RASP-Karten sehen allerdings erst den Nachmittag mit wirklich guter
Wellenbildung voraus.
Der Samstagmorgen zeigt einen fast blauen Himmel und praktisch keine optischen Anzeichen von Welle. Der Wind ist allerdings
am Boden auf dem Platz schon mit Ca. 30 km/h aus SW und der Brocken meldet etwa um 50 km/h.
Nach den üblichen Vorbereitungen tauschen wir noch die Batterien der neuen Sauerstoffanlage und um 10.50 loc zieht uns die
Winde auf beachtliche 350m und das im letzen Drittel fast mit Standgas! Es pustet offenbar ganz schön. Mit laufendem Motor
durchfliegen wir sofort bis 1,5 m steigen. Östlich des Platzes lassen wir in 1000 msl schon nach 5 Minuten Ruhe einkehren
(das schont auch den Spritvorrat gewaltig!) und finden nach oben abnehmend +1,0 m die uns bis max 2000 msl tragen.
Der Himmel ist fast makellos blau und so können wir nur die bekannten Stellen absuchen um weiter nach oben zu kommen.
Aber das ist nur von begrenztem Erfolg, im Lee vom Brocken finden wir vor allem bis -5m/s. Also wieder zur alten Stelle, aber
die will nun auch nicht mehr so richtig. Dann also noch mal der Griff zum Motor, offensichtlich ist mal wieder Geduld gefragt!
Nach nun insgesamt 3 Stunden Flugzeit, können wieder mühsam auf 1900 msl kommen, aber auch ein anschließender Ausflug
Richtung Westen bringt keinen Erfolg. Inzwischen hat die einfließende Feuchtigkeit den blauen Himmel abgelöst und erste
Wellenkonturen werden von Westen einsetzend sichtbar. In 500 GND zünden wir nochmal mit dem restlich verbliebenen Sprit
und bekommen in 1500 msl wieder Anschluss. Über uns bildet sich die Brockenwelle aus.
In 2000 msl überfliegen wir Bad Harzburg und zielen noch mal auf die Leeseite vom Brocken. Im Anflug zeigt unser Flarm
plötzlich 2000 m über (!) uns Verkehr! Tatsächlich sind über uns zwei Maschinen. Kurz haben wir Funkkontakt mit Wulf in der 6B
der in Aschersleben gestartet ist.
Ohne großen Höhenverlust finden wir nun das Steigen anfangs mit +1,0 m, später mit bis 2,0 m, genau da, vor bei unserem
ersten Versuch bis 5 m Sinken standen. Inzwischen ist es schon 15.30 loc. Und ein evt. Abflug Richtung Meissner ist für heute
gelaufen. Also hoffen wir zumindest auf eine richtig gute Höhe.
Die Welle steht deutlich südlich des Wellenfensters, also entscheiden wir uns gleich mit Bremen Radar Kontakt aufzunehmen.
Der freundliche Controller gibt den Code durch und wir erhalten die 1. Freigabe bis 5000m. Die neue O2-Anlage arbeitet
regelmäßig. Mit ruhigen 1,8 m geht es aufwärts und wir bekommen die nächste Stufe auf 6000 frei. Der einzige Nachteil: Durch
die Hörbereitschaft bekommen wir nichts mehr von den anderen Segelfliegern mit und zu unserer Bodenstation haben wir auch
keinen Kontakt, ein 2. Funkgerät wäre jetzt nicht schlecht.
Inzwischen hat sich die Optik gewaltig verändert. Zunächst noch über uns hat sich die Brockenwelle gebildet und jetzt auf die
gesamte Leekante des Harzes ausgebreitet. Weit im West und Südwesten sieht man die Vorboten der aufziehenden Front und
der Harz bildet die klassische Staubewölkung aus. Inzwischen steigen wir auf der Luvseite der Lenti weiter. Das Steigen bleibt
fast immer über 1,0 m.
Wir wechseln die Nasenkanülen gegen Masken aus, die Sauerstoffversorgung klappt. Allerdings macht uns inzwischen die
Temperatur zu schaffen. Nach nun über 5 Stunden Flugzeit kriecht die Kälte wirklich überall durch. Oberhalb von 5000 m müssen
wir zunehmend alle Lüftungen öffnen um die Vereisung der Haube auf der Innenseite im Griff zu halten, den „Wohlfühlfaktor“ im
Flieger steigert das allerdings nicht. Das ständige Eiskratzen gibt immer nur für kurze Zeit vertretbare Sichtbedingungen, die
Hoffnung das die Luft trockner wird erfüllt sich bisher nicht. In etwa 5600 haben wir die untere Lentis überstiegen.
Wir erhalten wir von unserem Lotsen in Bremen die Freigabe bis 7000 und dürfen gleichzeitig entlang der Harzkante fliegen. Im
Lee des Brockens hatte das Steigen in 6000 m nachgelassen deshalb fliegen wir jetzt über der unteren Lenti an der
Vorderkante entlang. Dabei finden wir bis + 1 m und steigen weiter bis knapp auf 6400m.
Sicher, es steht noch eine Lentis über uns und Steigen mit ca 1.0 m ist auch noch da, aber auf Grund der Temperatur (Anzeige
im Flugzeug: fast Minus 30 Grad) und der immer stärker werdenden Eisbildung auf der Haube entschließen wir uns nach
6 Stunden Flugzeit um 17.00 loc den Abstieg zu beginnen. Es ist noch ausreichend Zeit bis SS, aber wir wollen mit dem so
kalten Flieger auch moderat absteigen. Ein paar letzte Blicke und Fotos der unglaublichen Wolkenkulisse, dann melden wir uns
in Bremen und erhalten die Freigabe zum Abstieg.
Mit Klappen und zunächst -3m geht es Richtung Westen entlang der fast endlos erscheinenden Wellenstruktur. So müsste es
vormittags mal aussehen, dann wäre der Flug zum Meißner fast eine Kleinigkeit.
Bei gut 3000 melden wir uns nochmal in Bremen und erhalten von unserem Kontroller die Freigabe zum Verlassen der Frequenz.
Wir möchten uns an dieser Stelle nochmal in Bremen bei dem zuständigen Fluglotsen für die sehr freundliche
Zusammenarbeit und das Verständnis für unseren Flug herzlich bedanken!
Für Segelflieger ist es sicher eine nicht alltägliche Erfahrung „kontrolliert“ zu fliegen.
Wir melden uns nun nach langer Zeit mal wieder über Funk auf dem Bollrich und geben unsere Position durch. Jetzt schon
deutlich unter der riesigen Harz-Lentis bauen wir die restliche Höhe zügig ab und dann kommt nochmal etwas Spannung auf,
die Landung in Goslar bei Wind aus etwa 200 Grad im Harzlee ist immer eine kleine Herausforderung. Das erwartete Fallen
kommt auch erst ab 150 m – dafür aber deutlich, die Turbulenzen halten sich aber in der letzten Phase schließlich doch in
Grenzen.
Nach über 6,5 Std. sind wir wieder von einem wirklich beeindruckenden Flug zurück. Die Zusammenarbeit mit Bremen Radar war
ebenso wie die Vereisung der Haube eine neue Erfahrung. Wir werden für die Zukunft und evtl. größere Höhen auch an der
Kleidung arbeiten müssen. Trotz Sohlenheizung und andern Thermomaßnahmen war es wirklich kalt. Aber auch eine derartige
Vereisung der Haube sollte man irgendwie in den Griff bekommen.
Alles in allem ist es eine wirklich lohnenswerte Sache solche Flüge zu erleben.
Von Jens und Rickmer Bothe
25.Oktober 2010
Wellenoptik Richtung Harz am Nachmittag Freitag 22.10.10
Sonnennaufgang 23.10.10 auf dem Flugplatz Bollrich
Wolkenloser Himmel zum Start 10.50 Loc
Ca. 11.30 local Welle bis 2000m ohne Bewölkung
Ein "Besucher" bei einfließen der feuchteren Luft ab etwa 13.00 loc Blichrichtung Nord/Schladen
Ca. 2700 MSL gegen 15.30 loc endlich die sich entwickelnde Brockenwelle Blickrichtung WNW
Der Brocken mit einsetzender Staubewölkung
Unter der Brockenwelle in ca. 5000
Über der 1. Brockenwelle in ca. 6000 und eine weitere Lentis über uns
Zeitgleich die Situation vom Boden gesehen
Eisbildung
Unten links Kante der inzwischen riesigen Harzwelle Richtung West, über uns die 2. Ebene der Brockenwelle
Eine der selteneren Anzeigen des IPAQ
Die zunehmende Eisbildung, ein Grund mehr für die Entscheidung zum Abstieg
Einfließende Feuchte führt zu wachsender Bewölkung unter uns
Im Abstieg unter der mächtigen Harzwelle Blickrichtung Ost in ca. 4000
Bemerkung der Bodencrew: Mächtiger "Grinsfaktor"
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