n x Aschersleben
Zusammenfassende Betrachtung
von Karl-Heinz Dannhauer, LSV Aschersleben
Erster „großer Wellentag“ am Harz in der neuen Saison !
Bericht aus Aschersleben
Am letzten Samstag den 23.10.2010 konnten wir den ersten guten Wellentag in der neuen Saison bei einer präfrontalen SW-Lage erleben.
Die Vorhersage von Erland war eingetroffen und unsere zeitliche Präzisierung, die die frühen Nachmittagsstunden als besten Startzeitpunkt vorausgesagt hatte, stimmte auch !

Abb.: Windfeld um 12 Uhr (rechts) und 18 Uhr Ortszeit.
In Aschersleben gingen gegen 12.30 Uhr Ortszeit die ersten F-Schlepps auf der 29 raus und es zeigte sich, dass das noch zu früh war.
Wie durch Geisterhand drehte der Wind gegen 13.30 Uhr auf Südost und ich konnte mit der Stemme bereits auf der 11 starten. Wieder einmal hatte sich das „Ascherslebener Windphänomen“ (www.mittelgebirgsleewelle.de) eingestellt und es war klar - jetzt steht die Welle und man muss bei dieser Windrichtung (SSW) am besten bis zum Brocken oder zumindest bis nach Blankenburg geschleppt werden. Aus der Erfahrung wussten wir, dass man sonst nicht in die „obere Etage“ kommt !
Es zeigte sich auch wirklich dass dieser Tag etwas knifflig war und diejenigen die bereits in Ballenstedt geklingt hatten, mussten die Kameraden dort besuchen oder zu den Kühen gehen.
SSW-Wind ist die beste Anströmungsrichtung für den Harz ! Der Nachteil ist, dass man dann bei den häufig sehr hoch reichenden Wellen nur über das direkte Lee des Brockens in die obere Etage gelangt. Ich glaube alle „Höhenflieger“ dieses Tages haben diesen Fahrstuhl benutzt (?).
Am FP Aschersleben hatten sich einige Piloten aus Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen und natürlich von den Platzbetreiber selbst, eingefunden.

Abb.: Wetteroptik am Nachmittag des 23.10.10 am FP Aschersleben.
Obwohl die Wellenwolke sehr markant und scheinbar am westlichen Platzrand von Aschersleben stand, konnte man am Unterharz nicht heransteigen. Interessanter Weise konnten mehrere Segler nach Windenstart in Aschersleben am südwestlichen Platzrand im laminaren Steigen bis ca. 1200m steigen. Robert Liepelt schaffte es sogar aus der Winde bis nach Ballenstedt und stieg dort mit seinem Jantar-Standard auf 1500 m.

Abb.: Die Flüge vom 23.10.10 bei SSW von Aschersleben aus.
Wer nicht bis zum Brocken kam bzw. nicht in ausreichender Höhe Richtung Blankenburg ausgeklinkt hatte konnte sich nur im Bereich des Unterharzes bis max. 1600 m in mäßigem Wellensteigen halten. Ein Einstieg in größere Höhen gelang nur direkt hinter dem Brocken.

Abb.: Der schneebedeckte Brocken aus knapp 3000m mit der Wellenwolke im linken Bildanteil.

Abb.: Die Wellenvorhersagekarte von 15 Uhr Ortszeit zeigt die Lage der auch wirklich so vorgefundenen Steiggebiete.

Abb.: Die Wellenstruktur im Bereich des Oberharzes lässt erkennen, dass sich das Steiggebiet der Primärwelle stark luvwärts neigt und erst oberhalb 3000m im Kammbereich wieder stärker wird.
Die Abbildung des windparallelen Schnittes durch den Oberharzes zeigt deutlich, dass das starke Steiggebiet direkt im Bereich der Kammlinie liegt und erst oberhalb von 3000m wieder nutzbar war. Diese Erfahrung konnten auch die meisten „Einsteiger“ im Brockenlee machen.

Abb.: Der gerechnete Temp vom Brocken macht deutlich, dass das Windfeld bei nahezu konstanter Richtung zwischen 1500 bis ca. 3000m wieder schwächer wird und dann erst wieder ansteigt.
Ob das abschwächen des Windfeldes die Ursache für die starke Luvneigung der Primärwelle ist, bleibt Spekulation. Beim abendlichen Debriefing beim „Griechen“ in Aschersleben haben auch Herbert Horbruegger und Klaus Streichert über die Luv-Verlagerung der Steiggebiete beim Höhersteigen berichtet und die Abschwächung des Windes mit der Höhe als Ursache dafür gesehen. Eine interessante Diskussion und vielleicht ein Thema für’s nächste Wellensymposium.
Noch ein Hinweis – das Wellenfenster reicht übrigens nicht bis zum Brocken !!
Karl-Heinz
Bericht von Wulf Schmidt, LSV Gifhorn
Datum
23.10.2010
Windrichtung
S (Süd)
Ort des Wellensteiggebietes
Harz, Wernigerode
Auslöser
Brocken
Erreichte Höhe
5600m MSL
Zeit-Bezugssystem
MESZ
Höhen-Bezugssystem
QNH
Bericht
Flugzeugführer: Wulf Schmidt
Verein: LSV Gifhorn
Flugzeugtyp: SZD59, 15m
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Startort: Aschersleben (162m)
Startzeit: ~13:00
Landeort: Aschersleben
Landezeit: ~17:15
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Bodenwindrichtung: SSW
Bodenwindstärke: ?
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Einstieg in die Welle/n: 1) Erster Versuch Westlich Fpl Aschersleben. Schwingung hörte aber wieder auf. Landung in Ballenstedt :-/
2) Zweiter Start aus Ballenstedt, Schlepp bis 1800m bis kurz vor Wenigerode. Dort sofort Einstieg.
Für jedes Wellensystem:
Einstieg(e) aus: F-Schlepp
Einstieg(e) in Höhe: 1800m
Angetroffene Steigwerte: 1-2m/s
Erreichte Höhe(n): 5600m MSL über Wenigerode
Ausdehnung des Steiggebietes: Im Bereich Wernigerode war das Steigen immer am stärksten.
Es trug aber auch westlich und östlich davon.
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Vermuteter Auslöser: Brockn
Höhenwindrichtung(en): 190°
Höhenwindstärke(n): ~30 - 40km/h in 3000 - 5000m
Temperaturangaben: -20° @ 5000m
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Freie Schilderung:
Nachdem bereits am Montag(!) der erste Hinweis auf die bevorstehende Wellenlage am Wochenende per email eintrudelte, war ich gespannt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit sien würde, daß sich eine Vorhersage, so weit vor dem Ereignis, bewahrheiten würde. Erland wies ein paar Tage später auch noch einmal ausdrücklich auf diese Unsicherheit hin. Aber die folgenden Vorhersagen blieben gut. Freitagabend zeigte die RASP Simulaton für den Harz (und noch mehr für den Thüringer Wald) kräftiges Steigen, was in 6km Höhe (Ende der RASP-Grafik) keinesfalls endete! Die Simulation zeigte übrigens das kräftigste Steigen erst am Nachmittag, was sich bewahrheiten sollte. Samstag Vormittag also nach Aschersleben, wo kurz vor mir bereits drei Kolllegen aufgebaut hatten. U.a. ein Janus aus BS, eine LS6 uns eine LS3. Der Start erfolgte gegen 13:00 local und schon in 600m im Schlepp war deutliches Steigen anzutreffen. Ich liess mich von Wolfgang Lieder (danke!) bai 1000m schleppen, klingte, und stieg mit ~0,75m/s bis etwa 1300m. Dort hörte das Steigen auf. Auch ein Vorfliegen Richtung Harz ergab nur noch völlig tote Luft! Der vor mir gestarteten LS6 NH erging es ebenso. Ich entschloss mich, weiter Richtung Harz vorzufliegen und damit den sicheren Rückflug nach Aschersleben aufzugeben. Statt dessen wählte ich nun Ballenstedt als rettende Bank. Südlich von Ballenstedt, bereits über dem flachen Harzrelief war 3m/s Sinken anzutreffen, möglicherweise wäre 5km weiter Steigen zu erwarten gewesen, aber mein Endanflugrechner sagte: Letzte Chance für Ballenstedt. Auf dem Hacken kehrt und rein nach Ballenstedt. 5min nach mir landete HN. Was nun? Für heute aufgeben und zurück nach Aschersleben? 14:00 lokal. Es gab nuch 4h Tageslicht. Nix da. Zweiter Versuch, zumal ich bereits mit der Stemme aus Wilsche in Funkkontakt stand, die in 2500m über Wernigerode in die Welle eingestiegen war. Also neuer Plan: Schlepp von Ballenstedt, so lange Richtung Wernigerode, bis es steigt. Gesagt getan, einige km vor W-rode, mittlerweile in 1800m, stand das Vario schon über eine Minute auf 3 bis 3,5m/s Steigen. Ausklinken. Von dort an ging alles sehr einfach. Kontinuierlich hoch :-) Das stärkste Steigen zunächst in der zweiten Schwingung hinter dem Brocken, später in der ersten, knapp an der Kante des Wellenfensters (warum geht das nicht noch wenigstens 3-5km weiter nach Süden??). Steigen bis gut 5400m über Aschersleben bzw. 5600m MSL. Hier hätte ich weiter nach Süden verlagern müssen, was wegen des Luftraums nicht ging. Also ab nach Norden - nehmen wir die zweite Schwingung. Pustekuchen! Das gesamte Wellenfenster bis in den norwestlichsten Zipfel brachte nur noch Saufen!?! Also zurück. Etwa 1500m tiefer erneuter Einstieg über Wenigerode, in der zweiten oder ersten Schwingung. Diesmal deutlich kräftigeres Steigen von knapp 2m/s, was nach oben hin sogar zunahm. Ganz, wie die RASP Simulation für diede Tageszeit vorhergesagt hat! :-) In 5400m stieß ich wieder an die riesige Lenti, die ich gerne ein bischen weiter südlich überstiegen hätte, was bei den Steigwerten ganz sicher möglich gewesen wäre! Ich denke, es wäre deutlich über FL200 gegangen. Also mit Speed ab nach Osten, in der Kante zwischen Lenti und Grenze des Wellenfensters. Es trug noch viele km lang, wenn auch weniger kräftig. Bei weniger als -20° wurde mir doch langsam kalt. Zudem war es noch gut eine Stunde bis Sunset und ich entschied mich zum Abstieg. Glücklich von grandiosen Bildern, einem herrlichen Flug mit netten Kollegen bin ich kurz vor halb sechs in Aschersleben gelandet. Was hat gefehlt? Ein Fotoapperat (shame on me!) und noch wärme Kleidung (ohne Sohlenheizung hätte ich es nicht so lange ausgehalten). Ein grandioses Abenteuer :-D
Wulf
6B
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Hinweise für eventuelle, ergänzende Angaben:
War der Flug / die Beobachtung "typisch" für das Gebiet? Ja.
Trug der Hang ungewöhnlich hoch und großräumig? Ungewöhnlich hoch.
Stärke, Lage und Höhenbereich von angetroffener Turbulenz? -
Stärkeres Fallen wo angetroffen? Im gesamten Gebiet nach der ersten oder zweiten Schwingung!
Kleinräumige Gebiete maximalen Steigens eingelagert? Ja. Bereich Wenigerode.
Lage des Steiggebietes zur Windrichtung: Rechtwinklig?
Leichte Nick-/Stampfbewegungen des Flugzeugs etwa in Maximalhöhe? Könnte sein...
Bewölkung: Allgemeine und Lee-Situation,
Sekundär- und weitere Wellen? Nein, s.o.
Scherungswellen in den Lentis abgebildet? Nichts dergleichen beobachtet.
Tagesgang des Wetters: (Frontdurchgang?) Frontdurchgang am Abend, wie vorhergesagt.
Beobachtung anderer Flugzeuge? Meldungen im Funk? "Buschtrommel"? Ähnliche Beobachtungen.
Flugweg/Baro/Fotos von Herberts (Horbrügger) Flug:

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