1 x Goslar (Harz / Brocken)
Formularbericht 30.10.10 D-KBBA
Flugzeugführer: Jens Rickmer Bothe
Co + Fotos: Tim Lang
Verein: LSV Goslar
Flugzeugtyp: ASH 25 e / 26
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Startort: Goslar Bollrich 270 MSL
Startzeit: 09:44 UTC
Landeort: Goslar Flugplatz Bollrich
Landezeit: 15:54 UTC
Flugzeit: 6:10 Std.
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Bodenwindrichtung: SW
Bodenwindstärke: beim Start ca. 25 in Böen 35 km/h
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Einstieg in die Wellen:
1) Nordwestlich Bad Harzburg noch mit laufendem Triebwerk
netto ca. +0,5 m
2) 3 km östlich des Platzes parallel zur B6n (10.20 UTC)
Einstieg 1250m MSL beginnend mit + 0.10 ms ansteigend
bis max. + 1,6 ms bei Verlagerung leewärts auf
max. Höhe 4600m MSL, Abbruch wg. Schauer/Wolken
3) ca. 3 km nördlich Bad Harzburg (11.55 UTC)
Einstieg 3300m MSL bis + max. ca. 1,0ms
Bis 4300m MSL , Abbruch wg. Schauer/Wolken
4) Bereich Ilsenburg (12.35 UTC)
Einstieg 3500m MSL max. +1,0 ms, bis 3950m MSL
Abbruch wg. Schauer/Wolken
5) Noch mal Ilsenburg (13.15 UTC)
Einstieg 3350 MSL + 1,0 bis +1,5ms, bis 4700 MSL,
6) 2 x Flug entlang der Leekante Harz bis Ballenstedt /Goslar
(Richtung Ost ca. 45 km) praktisch durchgehend im Steigen
in Höhe 4600 bis 3900 bei bis zu 230km/h
7) Linie Wernigerode/Ilsenburg (15.03 UTC)
Einstieg 3150 MSL, ca. + 1,8 ms, ab 4200 MSL
1,2 ms bis 5200 MSL, Abbruch wg. oberer Wolkendecke
und Zeit (SS)
1. Einstieg aus: Winde / Triebwerk
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Auslöser: Harz/ Brocken
Höhenwindstärke(n): s.u.
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Freie Schilderung:
Eine optische Täuschung?
Der Vorlauf
Wieder hat das Warnsystem auf „schwerewelle“ gut funktioniert.
Die Vorhersagekarten auf der Seite DWD-Cosomo sahen wirklich vielversprechend aus. Auch die RASP-Vorhersage hat Optimismus
zugelassen. Es sah alles danach aus, als sei das die lang ersehnte Wetterlage, um im Wellenflug eine Verbindung zwischen den
verschiedenen Wellengebieten vom Harz Richtung Meißner und vielleicht sogar weiter zum Thüringer Wald zu schaffen, vielleicht im
direkten Flug oder über den Raum Gandersheim / Solling.
Also liefen die üblichen Vorbereitungen am Freitag an. Die Vorhersage von Erland passte offensichtlich so punktgenau, dass am Freitag
bei stahlblauem Himmel unser Vereinskamerad Matthais Gedan von Ballenstedt aus mit einer Pik 20 bereits Welle mit ca. 3600m
melden konnte. Leider war ihm ein Weitersteigen wegen zunächst fehlender Freigabe erst nach längerer Zeit möglich, aber es gab
bei der Maximalhöhe noch schwaches Steigen.
Wir konnten am Samstag „klausurbedingt“(!) erst nach 11.00 loc starten, aber es würden uns noch 6 bis 7 Stunden Flugzeit bleiben,
das sollte reichen. Bei Sonnenaufgang stand die Harzwelle auch großräumig, aber bereits gegen 9.00 loc verstärkte sich die Bewölkung
auf nahezu 8/8. Während der Startvorbereitungen meldete sich Matthias, der mit der G1 schon gegen 9.30 loc in Ballenstedt gestartet
war, über Wernigerode und berichtet von gelegentlichem Steigen, er hatte aber noch keinen richtigen Einstieg gefunden. Gleichzeitig ließ
die Wolkenoptik schwer zu wünschen übrig! Zwar gab es im Bereich der üblichen Föhnlücke ein etwas „helleres“ Grau, aber sonst
deutete wenig auf eine laminare Strömung hin.
Der Flug
Tim hat die Klausur in Rekordzeit erledigt, wir haben bei der Bekleidung nach den letzten Erfahrungen noch mal nachgebessert, der Wind
am Boden mit ca 30 km/h aus 210 Grad und der Brocken meldet bei etwa gleicher Richtung ca. 60km/h – wir starten um 10.44 loc bei
8/8 Bewölkung.
Nach etwas turbulentem Windenstart lassen wir den Motor bis ca. 1400 MSL laufen, aber es ist dabei auch zusätzliches Steigen zu messen.
3 km östlich des Platzes finden wir ab 1250 MSL den Einstieg in die Welle und können zunächst nur auf einer schmalen Linie etwa entlang
der B6n westlich Bad Harzburg mit +0,2 m/s steigen. Mit wachsender Höhe erreichen die Steigwerte nach einigen Verlagerungen zeitweise
1,5 bis 2 m. Nach knapp 2 Stunden Flugzeit sind wir im jetzt aktiven Wellenfenster auf gut 4500 MSL gestiegen.
Zwischendurch erfahren wir vom Boden in Goslar, dass eine ASK 21 aus Peine bei uns gelandet ist. Im unteren Bereich war die Welle wohl
noch zu schwach und ohne Triebwerk gab es dann keine zweite Chance. Einige Zeit später startet unser Fluglehrer Michael Liebisch mit
einer Ka 8 und kommt direkt nach einem Windenstart auf 840 MSL in den unteren Bereich der Welle und kann mit anfangs +20 cm während
seines gut 3-stündigen Fluges schließlich 3000 MSL erreichen.
Die vorhergesagte, mittelhohe Bewölkung hat immer noch 8/8 und ist nun auch nicht mehr sehr weit über uns. Allerdings haben sich
Schauerzellen gebildet und eine davon zwingt uns zunächst zum Ausweichen und Absteigen. Wir sinken auf gut 3200 MSL, umfliegen das
Niederschlagsgebiet und finden sofort und fast problemlos den nächsten Einstieg. Mit +1,0 m/s geht es wieder auf 4300 MSL.
Wir haben inzwischen auch Funkkontakt mit Gerd Bräutigam, der am Hohen Meißner gestartet ist. Leider kann er von dort nur Hangflug
bei spitz auf dem Hang stehenden Wind melden. Optisch sind für uns weder in Richtung Süd noch Richtung West (Seesen / Gandersheim)
Wellenstrukturen zu erkennen. Auch die Harzwelle, die wir ja fliegen, hat nicht die typischen Wolkenstrukturen gebildet. Vom Boden
erfahren wir, dass aus Gandersheim eine 8/8 Bewölkung in etwa 1000 m und reiner Platzrundenbetrieb gemeldet wird.
Mit der unter der Wolkendecke erreichbaren Höhe und bei den immer wieder eingelagerten Schauern sowie zusätzlich fast 90 km/h Wind
aus ca.220 Grad in 4500MSL ist an einen direkten Flug Richtung Meißner auch nicht zu denken, selbst wenn das Wellensystem dort wie
vorhergesagt stehen würde. Laut Boden soll etwa 80 km südwestlich von uns laut aktuellem Sat-Bild die mittelhohe Bewölkung aufbrechen.
Vielleicht gibt es also noch eine kleine Chance am Nachmittag, mit größerer Höhe abzufliegen. Also mal wieder Geduld – ach ja, das mit
den Schauern war übrigens so nicht Bestandteil der Wettervorhersage in den DWD-Karten!
Wieder müssen wir wegen Niederschlag und Wolkendecke ausweichen und knapp 1000 m sinken. Östlich Ilsenburg steigen wir nach
dem Schauer auf 3900 MSL, es scheint überall zu gehen und die eingelagerten Schauer ziehen ohne meteorologisch störende Wirkung
durch das Wellenband, aber sie „nerven" inzwischen gewaltig! Wir versuchen auch, die Schauer nicht zu unterfliegen, Nassschnee
oder ähnliches auf den kalten Flieger wollen wir lieber nicht ausprobieren.
Gelegentlich sehen wir andere Segelflugzeuge und gleichzeitig fliegen an der SW-Ecke des Wellenflugfensters bei Goslar
Linienmaschinen zwischen 3- und 4000 MSL durch!!(siehe Foto unten)
Um 15.00 loc steigen wir zwischen Ilsenburg und Wernigerode mit bis ca. +1,5 m auf 4700 MSL. Die Wettersituation hat sich nicht
geändert, der "Deckel" über uns bleibt dicht, noch immer ziehen Schauerstörungen mit kurzfristig stark sinkenden Untergrenzen durch
und für einen Abflug nach Süd ist die Zeit jetzt auch abgelaufen.
Also beschließen wir das Wellenband Richtung Ost auszufliegen. Ohne nennenswerten Höhenverlust können wir bis Ballenstedt an
das östliche Ende des Wellenfensters fliegen, drehen in 4400 MSL und es geht mit bis zu 220 km/h zurück bis fast zum Platz Goslar.
Für die gut 50 km brauchen wir ohne Höhenverlust und trotz der Gegenwindkomponente nur 27 Minuten. Nochmal nach Ballenstedt,
diesmal in 19 Minuten, das hat gerade mal 400m gekostet. Beeindruckend, wie man in solchen Wellen Strecke machen kann, sie
müssten nur länger sein!
Die G1 ist inzwischen unter uns in Ballenstedt gelandet, nach fast 7 Stunden hatte die Kälte ihren Tribut gefordert und ein gemeinsamer
Abflug zum nächsten Wellengebiet muss auf einen anderen Tag verschoben werden.
Gegen 17.00 loc, zurück bei Wernigerode, sieht die Bewölkung nun doch etwas dünner aus. Vielleicht kommt doch noch die erhoffte
Lücke in der Bewölkung? Wir steigen noch mal in die Welle, mit gut 1,5m/s geht es zügig auf 4800. Richtung Brocken scheint es nach
oben offener. Wir melden uns noch mal in Bremen an, erhalten die Freigabe bis 6000 MSL und melden uns vorsorglich schon mal in
Aschersleben endgültig ab (herzlichen Dank für die Betreuung nach Aschersleben und an Bremen Radar).
Mit gut 1,0 m geht es weiter, aber in 5200 MSL ist wieder Schluss. Die Wolkendecke ist zwar etwas höher, hat aber über uns wieder
zu gemacht und wir werden endgültig absteigen. Um 17.30 erhalten wir die Freigabe von Bremen Radar.
Bei -18 Grad freuen wir uns auf etwas wärmere Luftmassen, es war nicht ganz so kalt wie am letzten Samstag, aber dafür waren wir heute
auch länger in den niedrigen Temperaturen. Die ständig geschlossene Bewölkung hat dabei ihr übriges getan und auch die Batterien mangels
Solarunterstützung einem echten Härtetest unterzogen.
In 3000 MSL entschließen wir uns über Goslar noch zu einem kurzen Ausflug nach Westen und erleben ein unglaubliches Farbspiel am
Himmel mit der bald untergehenden Sonne. Danach noch einmal konsequent die Klappen ziehen und wir landen auf dem Bollrich.
Der Tag hat leider nicht das gehalten, was wir uns erhofft haben, aber es ist wirklich erstaunlich, dass bei diesen Bedingungen und der
Wolkenoptik ein solcher Wellenflug möglich war.
Jens und Rickmer Bothe
1. November 2010
Harzwelle bei Sonnenaufgang Blickrichtung Ost
Während des 1. Aufstieges Eckertalsperre mit Brocken 13.10 loc in ca. 3500 MSL
Aus Süden nähert sich eine erste Schauerlinie, unten die Okertalsperrre
Das Steiggebiet westlich Bad Harzburg mit durchziehender Schauerstaffel
Blickrichtung West 13.30 loc, 4350 MSL, + 1,0m/s
Einen Moment später der Schauer oben sogar mit mammatusähnlicher Bewölkung!!?
Zwischenzeitlich am Boden Besuch einer ASK21, Eike Draheim und Patrick Lenkeit haben
zum erstenmal von Peine aús die Harzwelle angeflogen. Im Osten die sehr ungewöhnlichen
Wolkenstrukturen einer Wellenlage, ca. 13.40 loc.
Unter der mittelhohen Schichtbewölkung/Lentisebene(ca. 4500MSL) deutlich tiefer durchziehender
Schauer über dem Ostharz (linker Bildrand Rappbodetalsperre), die Welle bleibt bestehen
" Flutlicht" über dem Südharz mit Odertalsperre - die nur langsam heranziehende Auflockerung 16.40 loc
Flugplatz Goslar, Blickrichtung SW, dicht unter der mittelhohen
Schicht eine 737 (?!) beim Umfliegen des Wellenfensters Harz
....nur wenige Kilometer vor der SW-Ecke des Wellenfensters!!
Man würde es wohl bei der Wolkenoptik ehr nicht vermuten, aber unter diesen Wolken
sind gerade mindetens 5 Segelflugzeuge auf ca. 4000 MSL oder mehr
Endgültiger Abstieg vor SS - noch ein kurzer Moment die Schönheit des Segelfliegens zu genießen
Pünktlich zum Ende des Tages löst sich die Wolkendecke auch über dem Nordharz auf
Lichtfeuerwerk am Abendhimmel
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