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Nordwestwelle am Erzgebirge - Chomutov

erstellt von Christof Maul zuletzt verändert: 17.01.2012 09:43

Seit Beginn der Woche lag Mitteleuropa unter einer Nordwestströmung, in der schon am Dienstag, 10.1.12, aus Chomutov Flüge von 450 km mit beeindruckenden Schnittgeschwindigkeiten von über 160 km/h durchgeführt wurden (Eduard Svoboda mit ASW 15, Robert Sima mit DG 600). Nach Durchgang einer Kaltfront am 13.1. war für Samstag, 14.1., noch einmal eine Nordwestlage am Rande eines Hochdruckgebiets über England vorhergesagt, das für ausreichende Stabilität und Niederschlagsfreiheit sorgen sollte.

DWD Bodenanalyse 14.01.2012

Anreise aus Braunschweig mit Ankunft nach Mitternacht. Die Kaltfront hatte Spuren hinterlassen in Form einer geschlossenen Schneedecke im Egertal, Außerdem herrschte immer noch schauerartiges Schneetreiben. Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Tuns kamen auf, allerdings war in Wolkenlücken der Mond sichtbar, das erst Mal wieder seit Leipzig. Die Luvseite des Erzgebirges war noch großflächig zugestaut gewesen. Eine Föhnwirkung war also erahnbar. Am Morgen Staubewölkung über dem Erzgebirge und unstrukturierte und nicht stationäre Rotorbewölkung. Empfang am Flugplatz herzlich mit warmem Kaffee, und nein, der Schnee auf der Bahn sei gar kein Problem. Vom Boden betrachtet sah die Bewölkung nicht nach Welle aus, das Satellitenbild allerdings zeigte eine schwach ausgeprägte stationäre Föhnlücke. Man sieht gut das Nebeneinander von ausgeprägten Wolkenstraßen in Windrichtung und eher schwach ausgeprägten Rotorbändern parallel zum Erzgebirgskamm. Mit etwas gutem Willen kann man die Wellenstruktur entlang der gesamten deutsch-tschechischen Grenze, von Karlsbad (Karlovy Vary) bis zur Elbe erkennen.

NOAA (Aqua) Satellitenbild

Auch die Vorhersagen waren optimistisch, stellvertreend hier die Flymet-Vorhersage vom Vortag für 13h lokal.

Flymet-Vorhersage 12 UTC

Nach langem Warten und Diskutieren wurde dann doch im Windschatten eines Hangars aufgerüstet. Am Start zwei Maschinen, Frantisek Myska mit einem Standard-Cirrus und ich mit der LS-4.

AW (Frantisek Myska) auf dem Weg zum Start

Erster Start um 12:40 lokal, nicht wirklich früh für einen Januartag. Bis zum Abheben der Schleppmaschine, was zum Glück nicht lange dauerte, da es sich um eine Zlin handelte, war nur Schneegestöber zu sehen. Es flogte ein recht turbulenter Schlepp durch den Rotor bis in ca. 700m Höhe über Grund, dann wurde es still und das Vario kletterte an den Anschlag. Zur Sicherheit noch 200m Höhe im Schlepp mitgenommen, ausgeklinkt und im laminaren Steigen weitergeflogen. Jetzt war die Föhnlücke besser ausgebildet als vorher am Morgen und man konnte im Geradeausflug Strecke machen und mit 1 bis 2 m/s steigen.

In der Föhnlücke

Die Fohnlücke reichte bis Usti (Aussig), danach war die Bewölkung zwischen Föhnmauer und Rotor zwar nicht mehr unterbrochen, aber weniger dicht, und dort war nur mehr schaches Steigen vorhanden bis nach Decin (Tetschen), 65 km von Chomutov entfernt. Maximal erlaubte Flughöhe ist FL95, wegen der Nähe zu Prag und Dresden sei es sinnlos, nach einer Freigabe zu fragen, war die Aussage am Platz, und ich habe es gar nicht versucht. Von Decin zurück nach Westen, an Chomutov vorbei. Prag Info meldete Inaktivität des Beschränkungsgebietes LK-R4, smit war Weiterflug möglich bis zum Luftraum D von Karlovy Vary (Karlsbad). Mich hatte nach dem Funkverkehr mit Prag der Elan zu weiterer Kommunikation verlassen, Frantisek hat eine Freigabe beantragt und bekommen und ist vorgeflogen bis westlich von Karlsbad. Der Controller sei a) erfreut gewesen über die Abwechslung und b) bass erstaunt über die Höhenmeldung FL95. Die ausfliegbare Gesamtlänge eines Schenkels betrug somit 120 km, die dafür benötigte Zeit etwa 1 Stunde! Das Steigen "am Deckel" wegzudrücken war mitunter nicht ganz einfach:

Steigen bei Tempo 200

Im Süden lockte das Rotorband der Sekundärwelle. Bei Most sah es am kräftigsten aus, und so bin ich dort beherzt mit dem Wind vorgeflogen. Leider war die Wellenlänge mit fast 20km deutlich länger als geschätzt, was für den Hinflug kein Problem war. Mit 70 km/h Rückenwind kostete das 500m. das Fallen war recht kräftig, eine genaue Analyse habe ich mir erspart und bin lieber mit hoher Geschwindigkiet hindutchgeflogen. Geschwindigkeit und Fallen zusammen ließen jedoch für einige Zeit das Vario am unteren Anschlag stehen. Die Sekundärwelle ging wie erhofft und ich hatte bald die Ausgangshöhe wieder erreicht, der Weg zurück erschien, gegen den Wind, jedoch auf einmal ziemlich weit. Die Routenwahl war zudem nicht ganz optimal, so dass mich das Ganz 1600 Höhenmeter gekostet hat und ich auf Höhe der Rotorwolken, aber zum Glück noch in der laminaren Strömung wieder in die Primärwelle eingestiegen bin. Womit zwar bewiesen wäre, dass das geht, aber ein Spaß ist es nicht, wenn man nicht mehr als knapp 3000 m zur Verfügung hat.

Vom Experimentieren hatte ich dann genug und bin noch ein wenig in der primären Föhnlücke auf und ab geflogen. Landung kurz vor Sonnenuntergang auf schneebedecktem Platz. Dabei ist es durchaus hilfreich, wenn man sich zuvor ein poaar Geländemarken eingeprägt hat. Im Bild unten ist der Platz irgendwo im Vordergrund zu sehen. Nur wo?

Wo ist der Flugplatz?

Nachstehend der Flugweg überlagert auf dem Satellitenbild. Wind war aus 340° mit 70 km/h.

Flugweg überlagert mit Satellitenbild (NOAA Aqua)

Flug von Frantisek Myska (GCUP)
Flug von Christof Maul (GCUP)
Flug von Christof Maul (OLC)

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